Samstag, 13. Juli 2013

Ankommen...



1. Monat

Zwei freudig winkende Jungs warten am Flughafen auf mich: Wilson, der Sohn meiner zukünftigen Vermieterin und Pablo, ein Untermieter in dem Haus der Familie Fernandes Silva. Das werde ich von heute an auch sein. Ich kenne die Gesichter der beiden nur von Facebook, wo Pablo mir kurz vor der Landung „welcome little sister, we are going to have so much fun“ auf die Pinnwand gepostet hat. 

Wenn Fremde so begrüßt werden, wie muss hier dann eine Begrüßung unter Freunden aussehen?, frage ich mich und lasse mich küssen und umarmen und mir den Koffer abnehmen. Draußen schlägt mir eine tropische Hitze entgegen, die mir den Atem nimmt.

Ich bin in Brasilien angekommen, in Rio, der laut Stefan Zweig und diverser Reiseführer schönsten Stadt der Welt. Ein knappes halbes Jahr werde ich hier leben und studieren, meinen Alltag verbringen auf der Rio gegenüberliegenden Seite der Guanabara-Bucht, in Niterói. 

Dass die Cariocas, wie die Bewohner von Rio genannt werden, behaupten, die Sicht auf Rio sei das Schönste, was Niterói zu bieten hat, weiß ich bereits. Und dass die knapp 500.000 Einwohner der Stadt aber stolz darauf sind, nach der Hauptstadt Brasilia die meisten Bauten des berühmten Architekten Oskar Niemeyer zu beherbergen, so auch das an eine fliegende Untertasse erinnernde Museum für moderne Kunst. Alles andere gilt es herauszufinden.


Das MAC (Museum für moderne Kunst) in Niterói
Kaum im Taxi, beginnt es zu gewittern. Auf der 13 Kilometer langen, elegant geschwungenen Brücke, die Rio und seine kleinere Nachbarstadt verbindet, erleuchtet ein Blitz die Bucht und die Christus-Statue, der in der Dunkelheit zu schweben scheint. „Du sprichst aber gut Spanisch!“, lobt mich Pablo, als ich versuche, meine Begeisterung über das Naturspektakel auszudrücken – auf Portugiesisch. Ich sage nichts. Als ich ihm einige Wochen später mit besseren Sprachkenntnissen erzähle, dass ich damals im Taxi Portugiesisch sprechen wollte, kommt er aus dem Lachen nicht heraus. 



An der Mautstelle krame ich einen Real aus meiner Bauchtasche, in der ich alle meine Wertsachen verstecke, wie es mir von Brasilienkennern und dem Reiseführer empfohlen wurde. Der Schein sorgt für Erheiterung im Auto – seit Jahren verwenden die Brasilianer ihn nicht mehr, er wurde durch eine Münze ersetzt. An der Reisebank am Zoo in Berlin ist diese Entwicklung wohl vorbeigegangen.

In meinem neuen zu Hause angekommen, begrüßt Wilsons Mutter Salome mich herzlich. Es gibt Fisch zum Abendessen und Geschichten aus dem Leben ihrer quirligen, untersetzten Freundin Rita, die, wie ich erfahre, öfter mal für einige Tage zu Besuch ist. „Ich bin einfach zu faul, zurückzufahren“, erklärt sie mir lachend und betont, was für großartige Menschen Salome und die restlichen Hausbewohner seien und was für ein Glück ich hätte. 

Die anderen Bewohner des Hauses in der Rua Magnólia Brasil in Fonseca sind Salomes Mann und die beiden Söhne sowie die Untermieter Nairana, Pablo und Fabio. Als ich bemerke, dass sie alle in dreieinhalb Zimmern hausen und ich die einzige bin, die sich ihr Zimmer mit niemandem teilt, bin ich erst ganz beschämt. Doch die Familie braucht das Geld und hat gerne Gäste im Haus und so entspanne ich mich bald. 

Die Rua Magnólia Brasil in Fonseca

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