Samstag, 13. Juli 2013

…und weiterreisen



Ein Mann und eine Frau in Badehose und Bikini, in einem roten Kreis. Das Schild befreit mich von der Sorge, ob ich wohl mit Shorts die Kirche betreten kann. So sieht also die katholische Kleiderordnung in Brasilien aus. 

Auch im Inneren der Kirche erwartet mich eine Überraschung. Die Putten-Figuren, die mich von den Wänden aus beäugen, haben irritierend große Brüste, wirken irgendwie unanständig. Auch das ist wohl Katholizismus auf Brasilianisch.

Putten an der Wand der Kirche São Francisco in Salvador da Bahia

Ich bin in Salvador, dem afrobrasilianischen Herzen des Landes und Hauptstadt des Bundesstaates Bahia, der etwa so groß ist wie Frankreich. Mehr als drei Millionen Sklaven verschifften die ehemaligen portugiesischen Kolonialherren nach Brasilien, bis der Sklavenhandel 1850 abgeschafft wurde. Die meisten kamen hier in Salvador an. Über 80  Prozent der Bevölkerung Salvadors sind dunkelhäutig und die Kultur der Nachfahren der Sklaven prägt die Stadt.

In weiße Gewänder gehüllte Frauen huldigen afrikanischen Gottheiten. Auch auf den Stufen vor Salvadors berühmtester Wallfahrtskirche, eigentlich ein katholischer Bau, wird ihnen zu Ehren jährlich ein großes Fest gefeiert. Katholizismus in Brasilien bedeutet auch, Elemente traditioneller Religionen zu integrieren.

Nach nur wenigen Nächten in meinem neuen zu Hause bin ich gemeinsam mit meiner Schwester Nele und meiner Freundin Johanna auf eine Reise in den exotischen Nordosten Brasiliens aufgebrochen. Die beiden wollten sich die Chance, Brasilien kennenzulernen, nicht entgehen lassen.

Der gescheiterte Versuch, Bustickets im Internet zu erwerben, diente als kleine Einstimmung auf die aberwitzige brasilianische Bürokratie: Hierfür wird eine Nummer benötigt, die jeder Brasilianer besitzt. Neben seiner Ausweisnummer, dem Reisepass, einer Wahl-Berechtigungs-Registrierung und weiteren Dokumenten, deren Sinn sich mir nicht erschließt. Dank Salome, die beim Busunternehmen anruft, klappt es doch noch mit den Fahrkarten und die Reise kann losgehen.

In der malerischen Kolonialstadt Ouro Preto (zu Deutsch „schwarzes Gold“) klettern wir in eine ehemalige Goldmine hinab, in dem Strandort Porto Seguro genießen wir Capoeira, Caipirinha und Kokosnüsse am Meer. Im zweitkleinsten Bundesstaat Brasiliens, Alagoas, finden wir beim Fischerdorf Porto de Pedras paradiesische Strände, menschenleer.

Die Kolonialstadt Ouro Preto, Minas Gerais

Traumstrand bei Porto de Pedras, Alagoas

Im Nationalpark Chapada Diamantina, einer traumartigen Landschaft voller Tafelfelsen, trinken wir Wasser aus Bächen und übernachten in einer Höhle. Als unsere Kreditkarten streiken und wir an keinem Automaten Geld mehr bekommen, können wir uns problemlos bei unserem Wanderführer Marquinho verschulden. Nach dem gemeinsamen Ausflug in die Wildnis seien wir alle „brothers“ und Brüdern vertraue man, erklärt uns Marquinho, ein Lebenskünstler mit hüftlangen Rastas, der kaum schreiben, aber dafür am Himmel den Weg ablesen und wilde Tiere vertreiben kann.

Wanderung in der Chapada Diamantina, Bahia

Auch die  Hostel-Angestellten im Hippiedorf Lencois mitten in der Chapada verschieben bereitwillig die Begleichung unserer Rechnung. Als wir nach einem verzweifelten Anruf bei der Bank endlich wieder an Bargeld gelangen und Marquinho bezahlen können, lädt der uns erst einmal zum Essen ein. Beim Abschied bin ich ganz gerührt und den beiden anderen geht es genauso, obwohl sie Marquninhos Freundschaftsbeteuerungen nur übersetzt aus meinen Mund kennen. Englisch sprechen in Brasilien die wenigsten.

Im Hostel in Salvador treffen wir einen lebensfrohen Kanadier im Rentenalter. Er will Brasilien bald verlassen, denn er spricht keinen Brocken Portugiesisch und hat wegen Verständigungsproblemen schon am falschen Bahnhof auf einen Bus gewartet  und ähnliches mehr. Ich bin froh über meine Sprachkenntnisse, auch wenn mein Portugiesisch noch holprig ist und an Spanisch erinnert. Und ich freue mich, dass bald mein Alltag in Brasilien wirklich losgeht und ich nur noch Portugiesisch sprechen werde, erst mal im Sprachkurs, und dann sogar in Uniseminaren.

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